Was vorher geschah

Von Emil Müllers Kindheit vermittelt die

Chronik der Familie Müller

eine, wenn auch lückenhafte, Vorstellung. Die Welt seiner Jugend dagegen, ab dem Alter von 14 Jahren, war eine ganz andere. Diese Welt fand er bei seinem Onkel

Ferdinand Simon

, dem (um 8 Jahre) jüngeren Bruder seiner Mutter, der im Jahr 1882 - als Emil fast 12 Jahre alt war - von Elberfeld aus (zunächst ohne seine junge Familie) nach den USA ausgewandert war, ins  damals noch in weiten Bereichen Deutsch (bzw. dessen Schwestersprache "

Pennsylvania Dutch

" oder "

Pennsilfaanisch

") als eine seiner Umgangssprachen sprechende Pennsylvania, seit der Masseneinwanderung aus der Pfalz und vom Mittelrhein in den Jahren ab 1709 das Zentrum der deutschen Einwanderung in die USA. Dort, in der aufstrebenden Stadt Williamsport, gründete er, der in Deutschland Maurer gewesen war und in den USA als "Stone Mason" bezeichnet wurde, nach dem Vorbild seines Schwagers Heinrich Müller eine eigene Baufirma, wie wir aus der "Chronik" seines Bruders Wilhelm wissen.  Wann genau dies geschah und wie Ferdinands erste Jahre in den USA aussahen, wissen wir nicht.

1894.MarketStr1140.199

Oben: 1140 Market Street in Williamsport,das Wohnhaus
der Familie Simon

Oben:
Emil Müller
um 1893

sMuellerEmil1894Portr.152
ZiegeleiPlan.Exz.621

Oben: Die Ziegelei an der Uellendahler Straße im Norden Elberfelds ist im Stadtplan aus Meyers Conversationslexikon von 1908 eingetragen  (oberer Rand, rechts; Stadtmitte beginnt links unten).

Dampfziegelei_Uellendahl_1925.254

Die Ziegelei in  späteren Jahrzehnten

Ziegelei.Adresseintrag.1896

Unten: Adressbucheintrag der Ziegelei von 1896

Wir wissen aber, dass er  bereits 2 Jahre nach seiner Einwanderung Staatsbürger der USA wurde und sehr bald auch schon, dann für Jahrzehnte, im Haus 1140 Market Street (s.o.) wohnte, zuletzt mit   Tochter und Schwiegersohn nebenan im Nachbarhaus 1142 Market Street. Es ist daher anzunehmen, dass er schon früh beruflichen Erfolg hatte und sein eigenes Baugeschäft vielleicht schon bald aufmachte. Ferdinands Einwanderung war jedenfalls noch keine drei Jahre her, als auch in Emil Müllers Leben eine ähnliche Zäsur eintrat und beider Lebenswege sich für sieben Jahre verbinden sollten.

Emil Müller

geboren am 17. März 1851 in Harscheid
gestorben am 4. Februar 1918 in Williamsport,
geboren am 10. September 1870  in Elberfeld
gestorben am 18. Februar 1932  in Elberfeld

1882

1885

Emil Müllers Flucht nach Amerika (I)

s6 PortrExcColMod.67.60
SignaturInv.trans.250
Famgesch
UnterschriftMuellerEmilKlein

In diesem Jahr 1885 war Emil eines Sommertages auf dem Weg von der Bank, wo er die Lohngelder in Empfang genommen hatte, zur Ziegelei im Elberfelder Uellendahl, am hoch gelegenen Nordrand der Stadt, wo der Lohn an die Beschäftigten ausgezahlt werden sollte. Unterwegs traf er zufällig auf ein Pferdefuhrwerk der väterlichen Firma. Er sah schon von weitem, wie der Kutscher mit der Peitsche heftig auf die Pferde einschlug, die ihm mit dem schwer beladenen Fuhrwerk im sehr hügeligen Gelände der Nordstadt den Gehorsam verweigerten; alarmiert stürmte Emil herbei, um dem Mann Einhalt zu gebieten, musste aber ohnmächtig miterleben, wie der betrunkene Kutscher keinem Wort, keinem Appell mehr zugänglich war und immer weiter zuschlug.

Im Jahr 1885 schienen Emils nächste Lebens- stationen vorgezeichnet: er war 14 Jahre alt und arbeitete - wohl als Lehrling - bereits mit in der stetig wachsenden, erfolgreichen Baufirma seines Vaters

Heinrich Müller

. Er übernahm schon verant- wortungsvolle Aufgaben, zu denen auch der Transport großer Bargeldsummen gehörte, darunter der Wochenlohn der Arbeiter im väterlichen Baugeschäft und der firmeneigenen Ziegelei.

Unten: Die "Dampfziegelei Uellendahl" Anfang des 20.Jahrhunderts (Anzeige im Adressbuch). Der Ton zur Ziegelherstellung wurde unmittelbar auf dem Ziegeleigelände abgebaut.

Die Schilderung der Episode, die hier ihren Anfang nimmt und Emils weiteres Leben tief prägen sollte, wird auf der

folgenden Seite

fortgesetzt. Dieselbe Episode erzählt auch Emils Sohn Kurt im Rahmen eines

Gesprächs

aus dem Jahr 1982.

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