Der offensichtlichste und wichtigste Grund für den Verlust dieses Teils seiner Identität war, dass es für Kurt Müllers literarisches und künstlerisches Potential in der Nazi-Wüste der Unterdrückung und Unkultur, der geächteten, verfolgten, zerstörten Kulturszene, der verbotenen Zeitschriften, keine Entfaltungsmöglichkeiten mehr gab.
Ein zweiter, weniger offensichtlicher Grund lag darin, dass Kurt Müller im Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach einem durch seine persönlichen Leitbilder geprägten, insbesondere künstlerischen Berufsweg und der Sorge um die Familie (damals zunächst v.a. um seine Mutter) letztlich der Familie den Vorrang gab. Diese sein Handeln unter der Hitlerdiktatur mitbestimmende Weichenstellung vollzog sich ansatzweise schon vor der Nazizeit, und sie schuf die Voraussetzungen dafür, dass später der Druck der Machthabenden seine Hebel um so effektiver ansetzen konnte. Sie ebnete so den bald folgenden Zwängen und Abhängigkeiten den Weg, auch wenn diese Unterwerfung unter die erlebten Notwendigkeiten abgemildert wurde durch die Tatsache, dass es ihm trotz beginnender NS-Herrschaft noch gelang, den ungeliebten Bank- und Versicherungsbereich hinter sich zu lassen und als Berufsberater ein Arbeitsfeld zu finden, das sehr viel mehr seinen Interessen entsprach. Allerdings zahlte er etappenweise einen Preis, wie ihn die neue Zeit dafür verlangte. Dieser Preis schloss am Ende den Verlust des vorher gerade eroberten Arbeitsfeldes ein.
Was aber auch dann noch erhalten blieb, war das Kernmotiv der Verantwortung für die Familie. Sie wurde sein wichtigster Antrieb, und seine Gestaltungskraft verlagerte sich nach dem Krieg voll auf das Arbeitsfeld, das schon kurz vor dem Krieg die Berufsberatung abgelöst hatte, als er, um dem Nazi-Einfluss zu entkommen, zu Ford ging, nämlich das des Industriemanagers.