bis 25.3.45  Verteidigung der Verkehrsan-
   lagen im Südostraum gegen
   Erd- und Luftangriffe
 16.3. -       Abwehrschlacht  in Westungarn
  2.4.45       Rückzugskämpfe bis zur Reichs-
   grenze
 3.4. -
 8.5.45       Verteidigung der Steiermark
WehrpassJugoslawien1.jpg
WehrpassJugoslawien2UngarnKlein.jpg
15.8.43 Bekämpfung der Aufstandsbewegung
     im serb.-kroat. Raum mit  
           [ ? ] Tagen Feindberührung
WehrpassDienstraengeJugeoslawien.jpg
Dienstränge zwischen 1943 und 1945:
"Einsatz" in Jugoslawien, Ungarn, Österreich:
1.12.42  Unteroffizier, Bat.Bef. Nr.38 v.1.12.42
  1.5.45    Wachtmeister

In dieser Zeit musste Kurt Müller aber zugleich tragische persönliche Erfahrungen verarbeiten, die sich in den Briefen an seine Frau spiegeln. Die schlimmste dieser Erfahrungen war die Totgeburt ihres ersten Kindes im Juni 1944. Zwei Monate vorher schon wurde die Wohnung in Köln zerstört, mit einer Bibliothek vieler wertvoller Erstausgaben, aber v.a. mit Kurt Müllers fast gesamtem zeichnerischen Schaffen, seiner gesamten Korrespondenz aus den Zeiten literarischer Produktion und einem Großteil seines literarischen Schaffens (von dem zum Glück einige wichtige Teile ausgelagert oder als Kopien im Besitz von Freunden überlebten). Ebenfalls während dieser Zeit (das genaue Datum ist uns nicht bekannt) wurde auch die elterliche Wohnung in der Prinzenstraße in Wuppertal-Elberfeld zerstört, mit einer Fülle weiterer unersetzlicher Erinnerungsstücke der persönlichen und Familiengeschichte.
 
Bei Kurt Müllers Briefen aus dem Krieg - die erhalten gebliebenen stammen fast ausschließlich aus dem letzten, in Jugoslawien und Ungarn erlebten Kriegsjahr und stellen auch von den in dieser Zeit geschriebenen nur den kleineren Teil dar, die meisten gingen verloren - steht, anders als bei den in Russland geschriebenen Gedichten, nicht so sehr ihr literarischer Wert im Vordergrund, vielmehr stellen sie, z.T. sehr persönliche, Zeitzeugnisse dar. Im Vordergrund steht das eine, überragende Motiv des Durchhaltens, des Überleben Wollens, auch - angesichts von allgemeinem Untergang und Zerfall - das Motiv des umfassenden Erhaltens und Bewahrens auch der Beziehungen, die jetzt weit entfernt sind, jeder unmittelbaren Kontrolle entzogen. Im Dienst dieses Bewahrens sind auch Kurt Müllers Briefe an seine Frau zu sehen sind, die sich damals schon nicht mehr in Köln, sondern im Heimatort ihres Vaters, in Isselhorst aufhielt.  Immer wieder bemüht er sich in  z.T. beschwörendem Ton, die Bindung in der Ehe, die Bindung an die Heimat zu sichern und zu stärken, das einzige Band, das ihm in seinem Leben als Soldat im Krieg und in der Fremde Festigkeit und Orientierung zu geben vermochte, wie es sich auch schon in den

Gedichten

ausgedrückt hatte, die er in Russland schrieb. In den Briefen allerdings wird dieses Motiv noch intensiver und noch vorherrschender. Die äußeren Lebensbedingungen waren zwar für den größten Teil des letzten Kriegsjahres noch erträglicher und entspannter als in Russland (Ausnahme: der albtraumartige Gang durch die Hölle der

letzten Tage in Belgrad

zwischen dem 13. und dem 23. Otober 1944). Aber die seelische Zermürbung durch den immer länger sich hinziehenden, sinnlosen Krieg ist sehr deutlich herauszuhören. Es offen auszusprechen, war ja angesichts der Briefkontrollen nicht möglich, ohne sich der potentiellen Anklage des "Defätismus" auszusetzen.
 
Das Rechtfertigungsbemühen, ohne das der Wunsch nach Heimkehr nicht ausgesprochen werden kann, ist sicher nicht an die Adresse seiner Frau gerichtet, sondern direkt an die Zensur ("

Ich weiß nicht, wann ich einmal heimkehren werde. Doch ist es wohl kein Verbrechen, wenn ich mir das bald wünsche.

"). Auch über die Kriegslage und politische Rahmenentwicklungen zu sprechen, war schwierig, ohne die vom Regime vorgegebenen Sprachregelungen einzuhalten. Ein Satz wie "

Hoffentlich sind bis dahin die neuen Waffen fertig.",

angehängt an

"Die Entscheidung rückt immer näher und... [es] stehen uns noch schwere Tage an allen anderen Frontabschnitten bevor"

dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit in erster Linie dem Motiv entsprungen sein, allzu realistische und deshalb "defätistische" Äußerungen für die allgegenwärtigen Ohren der Zensur abzumildern, und mag darüber hinaus sogar skeptisch-spöttische Untertöne transportiert haben, die sich nur der eingeweihten Adressatin erschlossen.

FamgeschKlein
 

Kurt Müller sen.

geboren am 8. August 1904 in Elberfeld
gestorben am 23. Dezember 1982 in Gütersloh
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Andererseits muss man berücksichtigen, dass ein solcher Satz, selbst wenn er "so gemeint" gewesen sein sollte, unter den damaligen Bedingungen fast ein Gemeinplatz war. Auch Kurt Müller war sicher auf gewisse Weise ein Kind seiner Zeit, der - bei aller inneren Opposition zum Regime - nicht nur viele Ängste und Hoffnungen, sondern auch viele Erlebnis- und Betrachtungsweisen mit den Menschen seiner Umgebung teilte. Den wenigsten stand damals die Klarsicht der Nachkriegszeit zur Verfügung, ganz zu schweigen von heutiger "Political Correctness". Dies gilt nicht nur für Deutsche, auch den Soldaten der Allierten (und nicht nur den einfachen) gelang es nicht immer, die antifaschistischen Kriegsziele über ganz traditionelle nationalistische Motive und Einstellungen die Oberhand behalten zu lassen, man denke an das Zerrbild von den Deutschen als den "Hunnen", das britische Soldaten im 1.Weltkrieg motivierte und im 2.Weltkrieg wiederauferstand. Und Soldaten im Krieg, die täglich um ihr ganz persönliches Überleben kämpfen müssen, werden allein durch dieses Schicksal bereits in eigentlich ungewollte Allianzen hineingezwungen. Auf diese Weise unterliegen sie aber auch "kognitiven Dissonanzen", Konflikten aus der Diskrepanz zwischen realem Handeln und mentaler Einstellung, in denen sich - wie die psychologische Forschung zeigt -  in der Regel letztlich das Denken dem Handeln anpasst, wenigstens in gewissem Umfang. Vielleicht erklärt dies, warum im Vergleich mit Kurt Müllers Gedichten aus Russland seine späteren Briefe  etwas von der inneren Distanz zum militärischen Geschehen und zur Soldatenidentität eingebüßt zu haben scheinen (auch wenn bei Texten in Gedichtsform, die sich - nicht nur - Zensoren weniger leicht erschließen, nicht dieselbe Vorsicht erforderlich gewesen sein mag wie bei Briefprosa).

Die letzten 21 Monate des Krieges befand Kurt Müller sich in Südosteuropa, davon 14 Monate (von August 1943 bis Oktober 1944) in Bortscha, einem Dorf im Banat, unmittelbar nördlich von Belgrad gelegen. Das Banat gehörte bis 1918 zu Österreich-Ungarn und war zu großen Teilen von Deutschen, den sogenannten Banater Schwaben besiedelt (die zusammen mit den deutschen Bevölkerungsteilen anderer Gebiete der Region, z.B. der Batschka und Siebenbürgens, die sogenannten "Donauschwaben" bildeten, eine Bevölkerung von insgesamt ca. 1,5 Millionen, davon lebten im damaligen Jugoslawien etwa eine halbe Million). Vermutlich war die Region aufgrund dieser Bevölkerungsstruktur und auch der geografischen Bedingungen (Donauebene) für die deutsche Armeee relativ gut kontrollierbar, so dass die 14 Monate in Bortscha und Umgebung, trotz der für Hitlerdeutschland sich stark verschlechternden Kriegslage, für Kurt Müller in der Luftwaffen-Baukompanie offenbar äußerlich relativ ruhig verliefen, mit

"unserer alten Schreibstube"

als seinem hauptsächlichen Aktionszentrum, zeitweilig bis hin zur Illusion eines fast zivilen Lebens, einer idyllischen Insel inmitten der grausamen Kriegsrealität, in der fast krampfhaft Zuflucht gesucht wird (wie aus dem ersten Brief hervorgeht), bevor der 13.10.1944 den

dramatischen Untergang

dieser Insel einläutet.

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Briefe aus dem Krieg 1944 / 45