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©   Kurt Müller 2020
 
Wentscher.Eisenachbrief1.S1.rot.714
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            Eisenach, den 12. September 39
                     Altstadtstr. 83
                       

(Evangelisches Kinderhaus Hedwig von Eichel)



Mein liebes Heitmännchen
 
Ihr langer herzlicher Geburtstagsbrief war mir eine große Freude. Gern hätte ich Ihnen auch pünktlich geantwortet und Ihnen recht von Herzen gratuliert, aber man kommt hier nicht immer zu dem, was man vorhat. Ich habe mit großer Sorge Ihrer gedacht in diesen Tagen, denn gewiss ist Ihr Mann doch auch irgendwo draußen und Sie wissen vielleicht nicht einmal, wo Ihre Gedanken ihn suchen sollen. Uns geht es jedenfalls so mit meinem Bruder, er ist schon 8 Tage vor Kriegsbeginn geholt worden, saß zunächst im

Westwall

, aber ob er da noch ist oder ob er in einem der hier endlos durchrollenden Züge nach dem Osten steckte, wer ahnt das? Ein sehr Gutes hat die Zeit allerdings für uns bewirkt. Ellen, die seit 1 1/2 Jahren von zu Haus fort war und in Berlin auf ein Bühnenengagement wartete, ist sofort nach Haus gefahren, hat die Kinder und ihren Kram aufgepackt(?) und ist mit ihnen in einem Auto nach Bonn zu unseren Eltern. Lebach liegt dicht hinter dem Westwall und ist seitdem längst geräumt, ganz Mitteldeutschland ist voll von

Saarflüchtlingen

, wir haben auch 2 Frauen mit 4 KIndern hier im Haus, und in den nächsten Tagen sollen wir noch mehrere bekommen. Sie sind oft mit ganz wenig Sachen geflohen, haben sich gegenseitig unterwegs bei dem vielen Umsteigen und Warten verloren und warten dann viele Tage auf Nachricht, wo die andern sind. Unsere  Männer haben oft nachts Bahnhofsdienst und finden dann Kinder, die die Mütter verloren haben, Frauen, die nicht wissen, wo Mann und Kinder hingeraten sind, ein schreckliches Elend. Da bin ich immer unendlich dankbar, daß ich Ellen mit den Kindern in Bonn weiß, wenn es auch für meinen alten Vater eine große Störung bedeutet, mit der recht exzentrischen Schwiegertochter zu leben. Aber die Größe der Zeit wird wohl auch ihr Herz etwas wandeln und ihre vielen Ecken ein wenig abrunden.
 
Nun leben Sie wieder in Köln, ich habe mich sehr

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Am 1. September 1939 begann der 2.Weltkrieg. Eineinhalb Wochen danach schrieb Hertas mütterliche Freundin und Fördererin

Lotte Wentscher

ihr diesen Brief aus Eisenach:


 
mit Ihnen gefreut, denn Kempen war doch gewiss recht einsam für Sie. In Ihrer Heimatstadt haben Sie doch noch viele alte Freunde und vor allem das Elternhaus. Wenn ich nun noch in Köln wäre, könnten wir wieder öfter zusammen sein. Allerdings muss ich ja immer wieder sagen, ich bin heilfroh, nicht mehr da zu sein. Die Arbeit war unter Harger(?) entsetzlich unerfreulich geworden und bei Vollmer hatte die Erb (?) allen Kredit eingebüßt. Jetzt wäre ich bestimmt als überflüssige Kraft  - denn wer hat in solchen Zeiten Sinn für Psychologie? -  in die Arbeitsvermittlung gesteckt worden. Dahnen (?) ist auch nur noch nebenher Leiter der Berufs- beratung, in der Hauptsache arbeitet er im Arbeitseinzug, solange er noch im Lande ist. Hannacker (?) ist seit langem in Nürnberg, als Referent für Berufsberatung. Er ist auch vorläufig noch zu Haus, aber sehr unglücklich über die Geringschätzung seiner Arbeit im Augenblick. Da jetzt alles nur auf Vermittlung und Einsatz besteht, holt man ihm alle Berater fort und macht alles kaputt, was er aufgebaut hatte. Aber so wird es heute überall gehen, was nicht kriegswichtig ist, gilt jetzt nicht.


 
Wir haben hier in den letzten Wochen enorm geschuftet. Wir hatten nämlich keinerlei Luftschutzkeller, aber bei den 130 Kindern in Kindergarten und Hort und 20 Schülerinnen müssen wir natürlich ordentliche Zufluchträume haben. Wir haben also unsern Keller zum Teil ausgeräumt, gesäubert, die Fenster abgedichtet und richtige Wohnräume unten eingerichtet, mit den Kindern das Runtergehen geprobt, damit sie nicht im Ernstfall unten alle erfrieren. Dann haben wir die ganzen Wohnräume entrümpelt, in einem so alten Internatshaushalt eine richtige Arbeit, wir haben fast die Hälfte unseres Hausrats weg tun müssen. Den Keller haben wir auch schon ein paar Mal ausprobiert , die Engländer kommen bis hierher, allerdings haben sie nur Flugblätter abgeworfen, aber immerhin, sie erreichen uns also.


 
Mein liebes Heitmännchen, nun muß man versuchen, recht getrost und fröhlich zu bleiben. Das ist sehr schwer, aber man muß es, denn die Heimat muß die stärken, die draußen sind. Ich wünsche Ihnen, daß Ihr Herz

so fest werde, wie es voll Leben ist.
 
Seien Sie von Herzen gegrüßt mit Ihrem lieben Mann
von Ihrer Lotte Wentscher.
 
Sie versprachen mir vor Jahren  1 Bild von sich, darf ich noch mal daran erinnern?

Rechts: Lotte Wentscher mit ihrer Lebensgefährtin Fräulein Kühn.

Transkription des links abgebildeten Briefes:
Zeilen am linken Rand des Briefes:

Köln 1939: Kriegsbeginn

Familiengeschichte  Müller - Humphreys

geboren am 11. September 1909  in Metz
gestorben am 27. Oktober 1997  in Vaale
geboren am 8. August 1904 in Elberfeld
gestorben am 23. Dezember 1982 in Gütersloh
 

Herta Heitmann

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Kurt Müller  

sen.

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