Und dann hörte man immer, ich guckte hinter den Jalousien, so Blender, und dann guckte ich da raus und dann hörte man immer, "Fenster zu! Licht aus! Fenster zu!, mich, also, damit man sehen konnte, ob nicht aus dem Fenster geschossen wurde. Deshalb mussten alle Leute immer das Licht ausmachen, die Fenster zumachen, weil sie dann am sichersten waren, dass nicht aus den Fenstern geschossen wurde. Da hab ich auch viele Verwundete oder Tote gesehen, die haben sie erschossen.

Kurt M. jun.


Die Revolution hast du doch auch mitgekriegt in Wuppertal?


 

Kurt Müller sen.


Ja, aber die Revolution, das war nicht so schlimm. Da kamen ja die Soldaten alle zurück, und die waren alle noch ziemlich national angehaucht. Sie kamen zurück mit dem Gefühl, wir sind ja gar nicht geschlagen worden. Meine schwarz-weiß-rote Fahne, die ich damals vorher noch hatte, die hab'ich denen auch an den Wagen geheftet und verschenkt.


 
Schlimm war die Zeit des

Kapp-Putsches

, wann war das wohl, 1921? Ich war so 16, 17 Jahre alt. 1918 war der Krieg zuende, 19, 20 so rum., ja, so 16, 17 Jahre alt.
 
Auf jeden Fall, da ist schwer geschossen worden in Elberfeld. Da war ein Hauptmann von

Beerfelde

, der führte die Rote Armee im Ruhrgebiet.  
 
Und dann kamen die andern, die Freikorps, die meistens aus dem Osten kamen, die sich im Osten gebildet hatten,

Kampfbrigade Ehrhardt

. Die trafen sich dann im Ruhrgebiet, da ist es zu einer ziemlichen Schlacht gekommen, schwere Kämpfe jedenfalls. Ich weiß noch, in Elberfeld, abends zog sich die Rote Armee zurück, ging die Prinzenstraße rauf, Griffelberg rauf, Richtung Hannaberg, Solingen, weil in Solingen starke rote Kräfte standen, mit denen sie sich vereinigen wollten.

s23 Klein Randtrans

Einen nachhaltigen Eindruck hat auf mich gemacht, ich war in der Schule, das war in der Obersekunda oder was, da war in der Stadt Klamauk, wurde geschossen, da waren Aufständische usw. wieder zusammengetroffen, Polizei usw., und ich stand unten am Thalia-Theater, noch vor der Isländer Brücke, da gingen wir Kameraden, wir gingen natürlich in die Stadt, wir wollten das sehen.
 

Kurt M. jun.

Mit wem gingst du dahin?
 

Kurt Müller sen.

Mit Klassenkameraden. Und mit einmal ging das Knattern der Maschinengewehre los, und wir sausten alle auf die Erde, da bei der Brücke, und die Leute liefen, und das Eine werde ich nie vergessen, da war ein Mann, dem war beim Laufen seine runde Melone [=Hut] weggerollt, die lag dort mitten auf der Brücke. Mit einmal sah ich den auf'm Bauch ranrobben, mit dem Stock immer, dass er an die Melone rankommt. Das vergess ich nie, das Bild.
 
Ja, und dann hat meine Mutter so schreckliche Angst gekriegt, die hatte gehört, die hatte, glaub'ich, in der Schule angerufen oder was, "ja, die Schule ist geschlossen..", wegen der Schießerei usw., dann ist die in die Stadt gelaufen und hat mich gesucht  und hat mich auch gefunden! Und war wütend.... [lacht!].

Oben: Kurt Müller (r.) und seine Schwester Fritzi, ca. 1918

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Oben: Kurt Müller sen. um 1920,
auf dem Balkon der Wohnung Prinzenstr.34

Kurt Müller

(sr.)

UnterschriftGruen.jpg
geboren am 8. August 1904 in Elberfeld
gestorben am 23. Dezember 1982 in Gütersloh
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Familiengeschichte Müller - Humphreys
Gespräch aus dem Jahr 1982
 
 
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