Gestern hatte ich den ganzen Tag in Steinamanger zu tun und kam nicht zum Schreiben. Getsern abend war ich zu müde. Und so muß ich Dir heute auf 2 Briefe antworten, vom 7. und 11.1. Ja, Liebste, die Bombenteppiche zwischen Gütersloh und Isselhorst haben auch Dir zugesetzt, das spüre ich ganz deutlich aus Deinen Zeilen. Es ist nicht verwunderlich. Ich weiß, welch schlimmes Gefühl es ist, wenn das Unheil herunterrauscht. So geht es auch mir, hoffentlich bist Du inzwischen von solchen Ängsten verschont worden. Mache Dir auch keine Gedanken darüber, wenn Deine Briefe im Bett geschrieben sind und Dich selbst schon mal nicht befriedigen. Ich selbst bin ja nur froh darüber, wenn ich gute Nachricht von Dir habe. Daß Du noch lebst und wenn Du von Deinem Tag erzählst auch wenn er "eine wenig ergreifende" Sache ist. Von meiner Mutter kam auch Nachricht, daß in der Sylvester- und Neujahrsnacht schlimme Angriffe auf Wuppertal gewesen sind. Hauptsächlich Vohwinkel wurde getroffen. Hoffentlich ist inzwischen Nachricht von Deinem Vater eingetroffen. So kommen auch für Dich wieder viele Sorgen zusammen.
Den Brief von Frau Paffen legst Du sicher einem einem anderen Brief bei, da er diesem nicht beilag. Wie ist es mit Deinem Zimmer? Heizt Du gar nicht? Du kannst doch nicht den ganzen Winter dort ungeheizt verbringen, selbst wenn Du tagsüber meistens nicht da bist. Schreibe mir einmal darüber. Ich selbst kann ja von hier wenig helfen. Und möchte es so gerne. Haben Deine Eltern kein eigenes Zimmer? Aber das ist sicher nicht zu heizen. Liebste, ich habe gar kein Bild mehr von Dir. Von Belgrad hatte ich sie alle mitbekommen. Aber ich schrieb Dir doch, daß ich in Graz durch den Bombenangriff mein ganzes Gepäck verloren habe. Dabei war auch meine Brieftasche mit sämtlichen Bildern, darum schicke mir möglichst
bald
eins. Die vorjährigen Bilder waren auch sehr schön. Wenn ich nur wieder eines habe. Ich brauche zwar keine Gedächtnishilfe. Aber so mit dem Bild, da kann ich schon mal sprechen, als wenn du selbst bei mir wärest. Und das macht viel für mich. In mir bist Du doch in einer viel weiteren, umfassenderen u. tieferen Weise, über die man nichts sagen kann, es sei denn im Gedicht. Und halte ich Dich lieb u. küsse Dich und erbitte Gottes Segen für Dich. Dein Mann.
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Kurt Müller sen.
geboren am 8. August 1904 in Elberfeld gestorben am 23. Dezember 1982 in Gütersloh