und kann Dir doch noch nicht schreiben, ob wir bei der Feldpost.Nr. bleiben oder nicht. Von Marburg/Drau
[=Maribor]
wollte ich Dir ein Telegramm schicken, aber die Post war schon zu und von Kroatien geht es nicht mehr. Wir sind von Esseg
[=Ossiek]
aus mit vielem Aufenthalt durch Ungarn weitergereist, haben den südlichsten Teil der Südsteiermark durchquert und von da wieder noch südlich nach Agram. Hier sind wir nun provisorisch in einem Barackenlager untergebracht. Morgen sind wir noch hier. Übermorgen hoffen wir unser Marschziel zu wissen. Ich hoffe immer noch, daß es Deutschland ist. Nach dem, was wir erlebt haben, wäre es nicht mehr als recht und billig, wenn wir zur Neuaufstellung ins Reich kämen. Vergangene Nacht haben wir uns zum ersten Mal wieder seit dem 13.10. lang ausstrecken können, wenn auch nur auf Brettern. Aber es war wunderbar. Und heute haben wir sogar Strohsäcke. Meinen Füllhalter u. mein Rasierzeug habe ich noch gerettet, sonst ist alles fort. Bei unserem Troß, der schon frühzeitig den Brückenkopf verlassen hat, habe ich noch 1 Kilo serbischen Tabak. Aber man weiß nicht, ob wir den Troß jemals wiedersehen, weil er seinen Weg durch Bandengebiet nehmen mußte. Aber das ist auch nicht so wichtig. Bis jetzt nehme ich das Leben wie ein Geschenk. Was zum Wohlbefinden fehlt, ist Nachricht von Dir. Ich bin dabei auf böse Nachrichten gefaßt, wobei ich besonders an die Eltern denke. Die vielen Angriffe auf Köln werden sie nicht unberührt gelassen haben. Wenn nur nichts Schlimmeres als materieller Schaden entstanden ist. Und wie es Dir gehen mag? Wenn ich nur bald einen Brief von dir haben könnte. Aber jetzt muß ich auch noch Geduld haben. Gesundheitlich geht es mir gut. Ich hatte mal wieder etwas Rheuma in meinem rechten Knie. Aber es ist schon wieder besser. Der Mensch kann doch ungeheuer viel aushalten, wenn das Muß dahinter steht und wenn es um das Leben geht. Wenn mal wieder normalere Tage für mich kommen, dann kann ich mehr berichten oder vielleicht das Wesentliche dieser harten Tage. Jetzt ist alles noch zu frisch, zu lebhaft und nicht klar genug. Ich wollte, ich könnte Dir selbst die Nachricht bringen, daß ich gesund bin. In wenigen Tagen wirst Du aber meinen Brief, den ich in Marburg einwarf, bekommen. Und dann bist du doch die Sorge um mich los. Ich habe Dich arg lieb und Du warst mir in den schlimmen Stunden sehr nah. Es küßt Dich Dein Mann
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Kurt Müller sen.
geboren am 8. August 1904 in Elberfeld gestorben am 23. Dezember 1982 in Gütersloh