2/1.45
 
Mein Liebes
 
2 Briefe kamen heute von Dir. Einer vom 5/12. und Dein lieber lieber Brief vom Heilig.Abend. Ich danke Dir für alle Deine Liebe und Stärke, für Deine Wünsche u. für alle guten Gedanken, die Du mir schenkst. Ja, klagen dürfen wir noch nicht. Es gibt soviel Leid um uns herum, das größer ist als das unsrige. Doch das brauche ich Dir ja garnicht zu sagen. Da meine ich oft Dich stärken zu müssen, und dabei bist Du viel stärker als ich und gibst so viel Vertrauen u. Ruhe von Dir.
 
Glücklich bin ich auch zu wissen, daß so das Weihnachtsfest für Dich auch etwas Festtagsfreude gebracht hat. Mit den Kindern war es sicher schön. Und später hast Du noch mit Frau [Schaksch?] eine "Männergedenkstunde" gehabt. Das ist so lieb.
 
Heute abend bin ich wieder zum Essen eingeladen, aber diesmal bei Soldaten. Als augenblicklicher Spieß muß ich an einem kleinen Essen der Offiziere u. Fähnriche teilnehmen. Hoffentlich gibt's was Gutes zu essen. Mehr verlange ich von diesem Abend nicht. Unser Chef ist schon als Vorkommando nach Steinamanger - Wahrscheinlich kommen wir doch noch ins Reich. Hoffen wir es und Du wirst mir den Daumen halten.
 
Von Nechtsheim [?] bekam ich heute einen Brief. Er ist noch immer im Harz bei einem Ausbildungskommando u. fühlt sich wohl dort. Aus seiner Verwandtschaft sind nun schon eine ganze Reihe in Köln bei den letzten Angriffen ums Leben gekommen. Wenn ich das lese, bin ich immer wieder froh, Dich in Isselhorst zu haben.
 
Und es ist so schön, Liebste, daß Du Deine Briefe mit Tinte wieder schreibst. Da habe ich Deine Schrift noch viel lieber. Anscheinend schreibst Du auch ganz flüssig mit dem Halter, denn es sieht flott u. klar aus.
 
Dein Weihnachtspäckchen ist noch nicht angekommen. Hoffentlich erreicht es mich noch, bevor wir hier fortgehen. Das kann jede der Wochen sein. Sonst wird es noch einige Wochen dauern, denn auch wir werden auf den Transportzügen geraume Zeit brauchen, ehe wir an Ort u. Stelle sind.
 
Nun treibt mich der Hunger an meinen Spind. Ich muß was essen! Denke nicht, daß ich hungere. Auch haben wir alle jetzt wieder warme Wäsche, Übermäntel, Leibbinden usw. Frieren gibt es also nicht.
Grüße die Eltern von mir.
 
An Dich denke ich immer, Du liebe Frau, was sollte ich auch anderes zu meiner Freude und Stärkung denken.
 
Einen Kuß von Deinem Papi

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Kurt Müller sen.

geboren am 8. August 1904 in Elberfeld
gestorben am 23. Dezember 1982 in Gütersloh
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Briefe aus dem Krieg 1944/45

 
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