Über Anton Betzner: "Basalt" (Roman)
Der Versuch der Befreiung kostet oft das Leben
von Martin Krauss
In dem Dorf Hainrod im Vogelsberg leben Bauern, Landadelige mit ihren Angestellten sowie Steinbrucharbeiter, die im Akkord im Nachbarort schuften, aber jederzeit entlassen werden können. Mit den Zukunftsaussichten steht es nicht zum Besten. Der Sohn des Bauern Ringk, ein Rädelsführer unter den Arbeitern, schürft darum im heimischen Ramsberg und findet bestes Basaltmaterial, das für Straßenpflaster und Eisenbahnschotter begehrt ist. Hainrod erhält seinen eigenen, grossen Steinbruch, was Geld und Arbeit bringt, aber auch eine Menge Unruhe.
Das neue Großunternehmen wirkt sich auf die Natur, auf das Verhältnis zwischen Bauern und Arbeitern, zu den Nachbardörfern und zwischen den Generationen aus. Der letzte Krieg steckt den Männern noch tief in den Knochen. Die "Unruhen in den Städten" und vieles mehr, der Nationalsozialismus, zuletzt die Vorbereitungen des nächsten Krieges strahlen wie von fern her in das Dorf aus.
Der neue Steinbruch bietet nur trügerische Sicherheit für den Wohlstand des Dorfes. Als der zum Bruchmeister avancierte Ringk mit seiner Geliebten, der "jungen Kißler", auswandern will, verunglückt er tödlich. Derweil kämpft der "alte Ringk" verbissen auch mit illegalen Mitteln um seinen Hof. Sogar ein Mord geschieht, der nie ganz aufgeklärt wird. Am Ende verlässt die Kißler den Ort, mit ihr viele der Arbeiter- und Bauernsöhne im Rahmen der Mobilmachung zum "zweiten Weltkrieg", wie er später genannt werden wird.
Der aus Köln stammende Essayist und Romanschriftsteller Anton Betzner (1895-1976) lebte einige Zeit im Vogelsberg. "Basalt" gilt als sein bedeutendstes Werk. Der Ort Hainrod ist aus Rülfenrod und Hainbach komponiert, für den Steinbruch am Ramsberg dürfte der größte Basaltsteinbruch Europas in Nieder-Ofleiden Pate gestanden haben. Betzner erweist sich in der Schilderung dörflichen Lebens bis in die Küche hinein, der landwirtschaftlichen Techniken wie auch bei den Arbeitsumständen im Steinbruch als außerordentlich kenntnisreich: ein unglaublich exakter Beobachter, der genau recherchiert hat. Aber nicht nur dies bestimmt den Regionalbezug. Auch die Schilderungen der Menschen sprechen Bände. Ihre Derbheit, Dickköpfigkeit, ihr Fleiß, ihre Unerschrockenheit, auch ihr gefühlsbetontes Wesen, das alles schildert Betzner mit einer gewissen Sympathie. Andererseits führt er auch die negativen Seiten gnadenlos auf: ihre Beschränktheit, ihre Kulturlosigkeit (Zit.: "Ihnen ist Stein Acker und Pflaster, Wald ist ihnen Holz und Vieh Fleisch. Der Rest ist die Welt am Sonntag, an dem sie meist auch nur um ihre Arbeit herumgehen.". Schlimmer ist aber die dumpfe Verbohrtheit, wenn z.B. die Arbeiter für die Probleme im Steinbruch einen Schuldigen suchen und finden, ohne wirklich nachzudenken: "Sie nicken einander vielsagend zu, ehe sie sich vorm Hoftor trennen. Mit Worten wüssten sie nichts vorzubringen.". Noch schlimmer sind die Frauen, welche die junge Kißler ob ihrer unehelichen Schwangerschaft angiften und demütigen.